VITAMIN D Nicht nur der Knochen profitiert
Die Rachitisprophylaxe mit stark Vitamin D-haltigem Lebertran bei Kleinkindern ist zumindest den älteren Personen noch gut in Erinnerung. Und auch bei Osteoporose zählt Vitamin D und Kalzium zur Basistherapie, wie die Leitlinie des Dachverbandes Osteologie e.V. (DVO) ausführt.
Jeder erinnert sich - oft mit Grausen -an die Vorlesung und das Praktikum in physiologischer Chemie. Dort hat man gelernt, dass Vitamin D in der Haut unter Sonnenlichteinfluss (speziell den UVB-Strahlen) gebildet wird. Und wer sich regelmäßig im Freien aufhält, der produziert rund 80 bis 90 Prozent des Vitamin D-Bedarfes selbst. Deshalb kann man eigentlich nicht von einem Vitamin sprechen. Durch die UVB-Strahlen entsteht in der Haut Cholecalciferol (Vitamin D3). Dieses wird in der Leber zu 25(OH)-D3 und nachfolgend in der Niere zu l,25(OH)2-D3 umgewandelt. Letzteres ist die wirksame Form. Wenn ein Überschuss an l,25(OH)2-D3 besteht, wird in der Niere vermehrt 24,25(OH)2-D3 gebildet, das deutlich weniger wirksam ist als die 1,25-Form. Damit vermeidet der Körper eine Vitamin D-Hypervitaminose, wenn sich ein Mensch viel in der Sonne aufhält. Denn die an den C-Atomen 24 und 25 hydroxylierte Variante ist wesentlich weniger wirksam als l,25(OH)2-D3. Das ist auch für die Supplementation wichtig. Mit 25(OH)-D3 lässt sich wesentlich schwieriger eine Hypervitaminose erzeugen als mit der Wirkform.
Die Supplementation von Vitamin D ist groß in der Diskussion. Denn Arbeiten unter anderem von Assoz. Prof. PD Stefan Pilz, Graz, zeigen nicht nur, dass Altenheimbewohner ein erhebliches Defizit an Vitamin D haben, sondern auch, dass viele jüngere Menschen einen suboptimalen Vitamin D-Spiegel haben. Dieser ist natürlich am besten durch Sonnenexposition zu beheben. Aber da kollidiert das Interesse an gut gebräunter Haut mittlerweile mit der Sorge vor Hautkrebs. Und ein rundum mit Lichtschutzfaktor 30 eingecremter Körper wird zwar kaum noch einen Sonnenbrand entwickeln, aber leider auch kein Vitamin D mehr. Und das ist nicht nur für den Knochenbau schlecht.
Aus aktuellen Studien weiß man, dass ein Mangel an Vitamin D das Risiko von Stürzen steigert. Ebenso ist bekannt, dass schon eine Minderversorgung mit Vitamin D die Funktion des Immunsystems beeinträchtigt. So konnte in Japan gezeigt werden, dass eine Supplementation mit 30 pg/Tag das relative Infektionsrisiko für eine Influenza A signifikant senkte. Und in einer umfangreichen Analyse wurde festgestellt, dass ein Vitamin D-Spiegel im Blut (gemessen als 25(OH)D3) von 75 bis 100 nmol/1 die Mortalität gegenüber der üblichen Minderversorgung um 30 Prozent reduziert.
Folgt man dieser Zahl und der Information, dass abgesehen vom Hochsommer sowieso jeder eine Minderversorgung, wenn nicht sogar einen Mangel hat, so sollte eigentlich jeder dagegen vorgehen. 20 Minuten pro Tag Gesicht und Unterarme der Sonne exponieren, ist eine Empfehlung. Doch wer schafft dies schon? Geeignete Ernährung wäre eine andere Alternative, um die 20 |ig Vitamin D täglich zu sich zu nehmen. Aber wer isst schon zwei Kilo Rinderleber am Tag? Zugegeben, mit 100 Gramm Räucheraal pro Tag geht es auch. Wer das alles nicht kann oder nicht mag, der hat noch die Möglichkeit, Vitamin D als Supplementation zu sich zu nehmen. Dabei muss er aber darauf achten, dass er jeweils zusammen mit dem Vitamin D Fette zu sich nimmt. Denn Vitamin D gehört zur ADEK-Gruppe der fettlöslichen Vitamine, die ohne gleichzeitige Lipidaufnahme unresorbiert wieder ausgeschieden werden.